Kann man Kohlenhydrate essen und trotzdem abnehmen?

Wir bekommen immer wieder Anfragen von Menschen, die die Faustformel nicht kennen und sich wundern, dass in unseren Rezepten recht „normale“ Mengen an Kohlenhydrate vorkommen. Denn sie haben gehört, dass man doch gar nicht abnehmen kann, wenn man diese bösen, bösen Lebensmittel isst! Daher wollen wir mal die Frage beantworten: Kann man Kohlenhydrate essen und TROTZDEM abnehmen?

Wenn man von Kohlenhydraten spricht, müsste man eigentlich korrekterweise von “stärke- und zuckerhaltigen Kohlenhydraten” sprechen. Denn dabei geht es eigentlich immer nur um die Kohlenhydrate, die zu einer Insulinreaktion im Körper führen. Dazu gehören Lebensmittel die viel Stärke enthalten, also die meisten Getreide und damit Brot, Nudeln, Reis, aber auch Mais und andere Lebensmittel, die von Natur aus viel Zucker haben wie Obst und Fruchtsäfte sowie gewisse Gemüse z.B. Erbsen oder rote Bete.

Und es gibt auch Lebensmittel, an die gar keiner denkt, wenn man  von Kohlenhydraten spricht. Oder wem wäre jetzt spontan das Joghurt eingefallen? Darin ist nämlich, wie in vielen Milchprodukten, “Milchzucker” enthalten. Und ja, dieser Zucker führt zu einer Insulinreaktion. 

Das Insulin

Wenn also in einer Mahlzeit viel Stärke vorkommt, dann wird die Stärke im Körper sofort in Zucker umgewandelt. Dieser Zucker geht nach einer kurzen Umwandlung direkt ins Blut und erhöht den Blutzucker (der heißt nicht umsonst so …). Damit dieser Zucker jetzt aus dem Blut in die Zellen transportiert werden kann, wird Insulin ausgeschüttet. Das Insulin dient als Signal, damit die Zellen, z.B. in den Muskeln, den Zucker aufnehmen. 

Wird nach einer Mahlzeit (viel) Insulin ausgeschüttet, hat das mehrere Auswirkungen: 

1. Das Insulin stoppt die Fettverbrennung.
2. Wenn es zu viel Zucker ist (und man nicht gerade Sport gemacht hat), wird der überschüssige Zucker und das gerade im Umlauf befindliche Fett als Fett gespeichert.
3. Das führt langfristig zu erhöhter Entzündung im Körper (vor allem in Kombination mit Stress), was wiederum die Insulinresistenz erhöht. Das bedeutet, dass zwar Insulin ausgeschüttet wird, aber die Zellen nicht mehr richtig darauf reagieren und es muss immer noch mehr Insulin ausgeschüttet werden, damit das Signal noch funktioniert. Das führt dann dazu, dass langfristig noch mehr Fett gespeichert und noch weniger verbrannt wird. 

Es gibt aber auch viele Arten von Kohlenhydraten, die überhaupt keine Insulinreaktion auslösen. Alle Ballaststoffe gehören zum Beispiel zu dieser Gruppe. Und dann gibt es Eiweißarten, die eine Insulinreaktion hervorrufen – also Nahrungsmittel, die gar keine Kohlenhydrate enthalten! Aber die lassen wir jetzt mal beide außen vor, sonst wird es zu kompliziert. 

Grundsätzlich ist nicht das Insulin an sich “böse”, weil es sehr wichtige Funktionen im Körper hat und auch z.B. ganz wichtig für den Muskelaufbau ist (und dafür quälen wir uns ja im Fitnesscenter, oder nicht?). Oder helfen kann, Stresshormone im Körper zu senken. Zum Problem wird es erst, wenn es ständig und in viel zu großen Mengen ausgeschüttet wird, vor allem, wenn die Zellen nicht mehr richtig darauf reagieren. Dann macht es Probleme. 

Die Frage ist also nicht: Wie viele Kohlenhydrate sind ungesund? Sondern die Frage sollte eher sein: Was macht dein Körper aus den Kohlenhydraten und wie reagieren deine Zellen darauf? Indem sie mehr Fett in der Leber und am Bauch produzieren oder indem sie deine Muskelspeicher auffüllen und dich mit Energie versorgen? Das ist nämlich das Entscheidende. Und nicht wie viele Kohlenhydrate in einer Mahlzeit enthalten sind. 

Das Problem mit Low Carb

Am wenigsten Insulin wird ausgeschüttet bzw. am wenigsten kann in Fett umgewandelt werden, wenn man die stärkehaltigen Kohlenhydrate, alle Milchprodukte und Zucker einfach mal komplett weglässt (= Low Carb). Das funktioniert für viele auch wunderbar – zumindest eine Zeitlang. 

Aber das ist schwer durchzuhalten und macht auch Probleme, weil dann am Abend ganz gerne die Stresshormone weiter ansteigen.  Denn ein Körper, der mit “Low Carb” schlecht umgehen kann, baut sich seinen Zucker einfach selbst – und zwar aus dem Eiweiß, das man gegessen hat (oder aus Muskeln, was gerade schneller verfügbar ist). Wenn man bei so einer Person eine Stunde nach einer Mahlzeit ohne Kohlenhydrate den Blutzucker misst, ist er gleich hoch wie nach einer Mahlzeit mit Kohlenhydraten. Der große Unterschied: Der Körper hat jetzt zusätzlich auch noch Stresshormone ausgeschüttet – und erhöhte Stresshormone führen zu mehr Bauchfett.

Außerdem entgehen einem viele Nährstoffe, die in Kohlenhydraten eben oft enthalten sind – und vor allem auch viele Ballaststoffe, die für unser Mikrobiom im Darm extrem wichtig sind und nebenbei auch beim Abnehmen helfen. Außerdem: ein Leben so ganz ohne Nudeln, Brot, Pizza und Pommes ist auch ein bisschen langweilig – finden wir zumindest. 

Außerdem scheint langfristiges “Low Carb” bei empfindlichen Personen auch noch die Schilddrüse zu beeinflussen und dazu zu führen, dass weniger Schilddrüsenhormone produziert werden  – was wiederum den Stoffwechsel herunterfährt und Abnehmen erschwert. 

Wenn man also schon länger “Low Carb” isst oder die Kohlenhydrate am Abend weglässt und das anfangs auch gut funktioniert hat, aber irgendwann der Bauch eher größer, das Gewicht mehr und die Energie eher weniger wurde, könnte es genau damit zusammenhängen. 

Muss man also alle stärkehaltigen Kohlenhydrate komplett weglassen, wenn man abnehmen möchte?

Richtig zusammengestellte Mahlzeiten: Die Faustformel

Unsere langjährige Erfahrung sagt nein. Es ist nicht notwendig, dass man alle stärkehaltigen Kohlenhydrate und den Zucker komplett streicht – wenn man die Mahlzeiten richtig zusammen stellt. Wichtig ist, dass man die Mahlzeit so zusammenstellt, dass sie schneller satt macht – und so, dass später kein Heißhunger auf Süßes (oder Salziges… mhhh, Chips!) ausgelöst wird – und dafür kann man einiges tun! 

Wenn die natürliche Sättigung schneller eintritt, dann werden die Portionen nach und nach von ganz alleine kleiner (und damit wird dann auch weniger Insulin ausgeschüttet…). Das erreicht man dadurch, dass man Kohlenhydrate im richtigen Verhältnis zu Eiweiß isst. Wir arbeiten mit der einfachen Formel, nämlich der “Faustformel”: ca. eine Faustgröße stärkehaltige Kohlenhydrate und ca. eine Handtellergröße Eiweiß, also Fleisch, Fisch, Tofu etc. Dazu kommen mindestens zwei Faustgrößen Gemüse. Gleichzeitig hilft das Eiweiß den Blutzuckeranstieg, der von den Kohlenhydraten verursacht wird, zu verlangsamen – was wiederum die Insulinmenge reduziert. 

FAZIT: Wenn eine Mahlzeit richtig zusammengestellt ist (z.B. nach der Faustformel), muss man nicht auf stärkehaltige Kohlenhydrate verzichten. Das ist für viele wesentlich einfacher durchzuhalten, man kann “normalere” Mahlzeiten essen (ein Stück Brot zum Salat oder ein paar Nudeln) und muss nicht auf so vieles verzichten. Man hat mehr Genuss beim Essen UND kann damit Abnehmen – und isst nebenbei viel vielseitiger und nährstoffreicher.

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