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Abnehmen ist keine Leistung

Abnehmen ist keine Leistung

Immer wieder posten begeisterte Fäustlinge ihre wunderbaren Erfolge beim Abnehmen in unserer Facebook-Gruppe. Und sehr oft sehe ich dann darunter so Dinge wie: “Wow, tolle Leistung.” Aber das finde ich falsch. Denn Abnehmen ist keine Leistung. Und wir sollten aufhören Menschen dafür zu loben, dass sie 10, 15 oder 40 kg abgenommen haben.

Schenke mir eine Minute dir zu erklären, was ich damit meine.

Seine Ernährung umzustellen und etwas für seine Gesundheit zu tun ist nicht einfach. Das braucht Willenskraft und Durchhaltevermögen, bis diese Dinge zur Gewohnheit werden. Wer das nachhaltig schafft, ist einfach toll! Viele unsere Fäustlinge schaffen das und ich freue mich riesig, dass wir sie auf diesem Weg mit den richtigen Werkzeugen unterstützen können.

Aber nehmen wir mal zwei Beispiele: Martina und Jutta. Jutta ist 27 Jahre alt, Single, gesund und möchte 15 kg abnehmen. Martina ist 45 Jahre alt, hat zwei Kinder zu bekochen, führt einen Haushalt, wurde vor einem Jahr mit Hashimoto und dem beginnenden Wechsel diagnostiziert – und möchte auch 15 kg abnehmen. Beide machen die gleichen Änderungen: Sie stellen ihr Frühstück um, kochen am Abend frisch und versuchen ihrem Körper dabei zu helfen, ins Gleichgewicht zu kommen. Nach zwei Monaten sind bei Jutta 8 kg weg. Bei Martina 1,5 kg. Wer hat jetzt mehr geleistet? Jutta mit ihren 8 kg oder Martina, die mit Hashimoto und Hormonumstellungen zu kämpfen hat, zwei Kinder und einen Mann zu bekochen hat und dabei “nur” 1,5 kg abgenommen hat? Hat Martina weniger “geleistet”? Oder hat sie gar “versagt”? Denn ist “versagen” nicht das Gegenteil von “leisten”? Oder was, wenn Jutta dann weitermacht und es geht jetzt langsamer als vorher? Sie arbeitet weiter an ihren guten Gewohnheiten, macht weiterhin alles richtig, aber in den nächsten 2 Monaten nimmt sie jetzt nur 2 kg ab und dazwischen steht das Gewicht mal 3 Wochen lang – hat jetzt Jutta “weniger geleistet” oder sogar “versagt”?

Neue, gute Gewohnheiten

Also – um es mit einem österreichischen Politiker zu sagen – “wo war die Leistung”?
Die Leistung ist nämlich nicht, dass wir 2, 4 oder 12 kg abnehmen. Die Leistung ist es, sich neue Gewohnheiten beizubringen, das in Einklang mit Familie und Beruf zu bringen und auch dann dran zu bleiben, wenn es mal nicht so klappt und gerade, wenn das Gewicht, aus welchem Grund auch immer, nicht so schnell schwindet, wie man möchte. DAS ist die Leistung. Und dafür sollten wir Menschen bewundern und loben. Denn Menschen fürs Abnehmen zu loben heißt in den meisten Fällen, dass wir sie weiterhin NUR nach ihrem Äußeren beurteilen. Du hast 10 kg abgenommen? Super! Du hast “nur” 5 kg abgenommen? Äh, … weniger super….???

Ich weiß, in vielen Fällen “meinen wir eh das Richtige” und wenn wir sagen: “Was für eine Leistung, du hast 15 kg abgenommen” meinen wir eigentlich “Was für eine Leistung, du hast so viel in deinem Leben geändert, kaufst anders ein, kochst öfter frisch, denkst mit, bevor du dir etwas in den Mund steckst” etc. – ABER: ich finde, gerade hier kommt es sehr auf die genaue Wortwahl an.

Denn das Problem ist, dass ich dann frustrierte und verzweifelte Teilnehmer in meiner Gruppe haben, die kurz davor sind aufzugeben, weil sie “nur” 3 kg abgenommen haben. Oder weil das Gewicht mal 2 Wochen steht. Oder weil sie sogar 700 g zugenommen haben. Denn, wenn ich eines nach über 12 Jahren in diesem “Geschäft” sagen kann: Abnehmen funktioniert nicht linear. Du kannst alles “richtig” machen und trotzdem geht es manchmal vielleicht schnell, und dann, obwohl du alles genau gleich machst, steht das Gewicht wochenlang (bevor es dann wieder weiter geht). Oder du nimmst dazwischen sogar 1, 2 oder 3 kg kurzfristig zu. Alles völlig normal.

Nicht nach den Kilos beurteilen

Aber, wenn wir Menschen immer nur nach dem Gewicht beurteilen (und sie sich selber irgendwann auch….), dann haben wir schnell den Fall, dass die Betroffenen sich als Versager fühlen, weil die “Leistung” eben nicht mehr da ist – das Gewicht steht ja schon seit 3 Wochen! Da müssten sie doch etwas “tun”, also “leisten”! Oder noch schlimmer: “Ich hab so schön abgenommen, aber jetzt habe ich sogar wieder ein Kilo mehr!” Du Versagerin, du!
Ganz ehrlich? Man hat darauf oft relativ wenig Einfluss, weil der Körper eben nicht wie eine Maschine funktioniert, sondern ein selbstorganisierendes, biologisches System ist – und in der Natur gibt es keine geraden Linien. Ein Fluss fließt nicht entlang einer geraden Linie, der Ast eines Baumes ist nicht mit dem Lineal gezogen – sie erreichen trotzdem ihr Ziel, auch wenn der Weg nicht immer strikt geradeaus führt.

Daher: Abnehmen ist für mich keine Leistung. Denn Menschen haben überraschend wenig Kontrolle darüber, wie viel genau sie jeden Tag, jede Woche oder jeden Monat abnehmen und wie schnell oder langsam sie ihr Wunschgewicht erreichen. Oft muss der Körper auch einfach zuerst heilen, bevor Abnehmen überhaupt möglich wird. Dann steht das Gewicht, aber trotzdem passiert in deinem Körper sehr viel und du näherst dich deinem Wunschgewicht – auch wenn es äußerlich vielleicht gerade nicht messbar ist.

Die richtige Motivation

Aber was eine unglaubliche Leistung ist: gerade, wenn es mal nicht so läuft, trotzdem weiter daran zu arbeiten, neue, gute Gewohnheiten im Leben zu etablieren. Gerade, wenn die Waage seit Tagen oder Wochen steht und die Kinder übers Gemüse beim Essen jammern und man neben dem Beruf auch noch am Abend frisch kochen muss – trotzdem weiter zu machen! Das ist eine unglaubliche Leistung!! Ich bin immer so stolz auf alle, die das machen. Und würde mir wünschen, dass sie sich nicht so schnell frustrieren lassen, wenn die Waage eben mal steht. (Oder überhaupt aufgeben, weil sich auf der Waage nichts tut – dabei hätte der Körper vielleicht einfach ein bisschen Zeit gebraucht, sich auf die Umstellung einzustellen….)

Wir alle können dazu einen kleinen Beitrag leisten, indem wir Menschen nicht für “verlorene Kilos” loben, sondern für die guten Gewohnheiten, die sie jetzt haben. Also, wenn deine Freundin das nächste Mal besonders toll aussieht und erzählt, dass sie 5 kg abgenommen hat, sag nicht: “Wow, was für eine Leistung”, sondern frag sie, was sie gemacht hat – und dann bewundere sie für DIESE Leistung. Denn das wird sie eher motivieren auch dann weiter zu machen, wenn die Waage steht oder sie sich mal in ihrer Haut nicht so wohl fühlt. Denn die “Leistung” ist eben zum Beispiel immer öfter mit einem besseren Frühstück in den Tag zu starten – und nicht die Zahl, die auf der Waage angezeigt wird.

Bitte nicht falsch verstehen:

Ich freue mich auch weiterhin, wenn jemand sein tolles Ergebnis in unserer Facebook-Gruppe postet und wir werden das auch immer GROSS feiern. Denn ich freue mich riesig für jeden, der seinem Wunsch- und Wohlfühlgewicht einen Schritt näher kommt, seinen Körper ins Gleichgewicht bringt und sich in seiner Haut wohlfühlt. Ich freue mich für dich – aber ich lobe dich nicht für deine “Leistung”, dass es eine bestimmte Anzahl von Kilos sind.  Denn ich will dann auch nicht 2 Monate später deine “Entschuldigung” lesen müssen, dass es im letzten Monat “nur 2 kg” waren. Du hast deswegen mindestens genauso viel geleistet – denn du hast ja weiterhin an deinen Gewohnheiten gearbeitet.

Abnehmen ist keine Leistung. Gewohnheiten zu ändern dagegen sehr wohl.

Was meint ihr? Seht ihr das auch so? Hat dich der Artikel zum Nachdenken gebracht? Oder bist du anderer Meinung? Schreibt es mir in den Kommentaren! Ich bin neugierig auf eure Meinungen!

17 Kommentare zu „Abnehmen ist keine Leistung“

  1. Danke, liebe Sasha für deine, für mich, magischen Zeilen!
    „Oft muss der Körper auch einfach zuerst heilen, bevor Abnehmen überhaupt möglich wird. Dann steht das Gewicht, aber trotzdem passiert in deinem Körper sehr viel und du näherst dich deinem Wunschgewicht – auch wenn es äußerlich vielleicht gerade nicht messbar ist.“
    Ich hatte schon unglaublichen Erfolg und seit Wochen muss mein Körper anscheinend heilen. Dieser Satz tut so gut und plötzlich ist einfach wieder alles klar. Etwas anderes als dran zu bleiben und meine lieb gewonnenen FF Gewohnen weiter zu machen, kam und kommt gar nicht in Frage.
    Deine Zeilen bestätigen mir, dass mein Weg der richtige ist.
    Danke! 😍

  2. Doris Kittinger

    Liebe Sasha,

    Vielen Dank für die Erhellung! Ich kenne das so gut: ich mach und mach, aber es tut sich nix auf der Waage und ich bin schon um 7 Uhr grantig nach dem Ergebnis darauf. Dein Ansatz wird mir nun helfen! Bestätigt mich auch, denn trotz Steher beim Gewicht hat sich mein Körper verändert, ich fühle mich rundum wohler, energiegeladener usw.

  3. Als grundsätzlicher Fan von Lob kann ich diesen Artikel leider nicht loben 🙂 Für mich IST Abnehmen eine Leistung. Denn es ist für niemanden leicht, zumindest für niemanden, der zuvor übergewichtig war. Ich würde gerne jemandem gratulieren dürfen, der viel abgenommen hat. Ich würde auch gerne jemandem gratulieren dazu, dass er trotz allen möglichen widrigen Umständen (Hashimoto, Hormonprobleme) immerhin 1,5 kg abgenommen hat. Denn auch das ist – relativ – viel! Lob bekommen wir generell so wenig im Leben, warum sollte ich nicht eine Person für etwas Tolles loben? Abnehmen ist eben schon eine Leistung – es ist nur eines NICHT: Es ist kein Wettbewerb. Und den Wettbewerb auszurufen bzw sich auf diesen einzulassen, DAS und nur das ist der Fehler. Und es ist leider auch das, was dieser Artikel unbewusst macht, indem er die junge gesunde Person und die ältere wechseljährige und hormonkranke Person zueinander in irgendeinen, wie lieb auch immer gemeinten Vergleich setzt. DARIN liegt der Fehler, und nicht darin dass man einer individuellen Person zu ihrem Abnehmerfolg gratuliert. Jeder, der erfolgreich abnimmt, hat FÜR SICH GENOMMEN ein Lob verdient. Das macht den Erfolg der anderen nicht kleiner, denn sich zu vergleichen, DAS verbietet sich aus den eben völlig zu Recht genannten Gründen. Dann kann man auch seinem Lob ungehindert freien Lauf lassen (und der Betreffende kann es auch ohne schlechtes Gewissen empfangen und sich drüber freuen). Ich möchte gerne loben, wenn mir danach ist und es nicht schadet. Denn es ist mir ein Bedürfnis, das zu dürfen.

    1. Ich glaube, da hast du mich missverstanden, Marita. Ich will nicht, dass man nicht das Abnehmen lobt, weil wer anderer mehr abgenommen hat, sondern weil man als Einzelner sehr wenig Kontrolle darüber hat, wie viel man eigentlich abnimmt. Was ich absolut „lobenswert“ finde: die Dinge, die man unternimmt, um abzunehmen. Also wenn sich jemand ein gute Frühstück angewöhnt, oder von Mo bis Fr keine Süßigkeiten mehr isst, oder einmal pro Tag frisch kocht. Das sollte man loben. Wenn man dann wegen dieser neuen Gewohnheiten abnimmt, ist das schön – aber wenn ich immer nur die verlorenen Kilos lobe, dann wäre es ja plötzlich weniger „lobenswert“, wenn man die guten Gewohnheiten beibehält aber plötzlich nicht mehr abnimmt (was IMMER vorkommen wird und absolut normal ist). Und weil man – von sich selbst und von anderen – dann kein (oder weniger….) Lob (mehr) bekommt, weil man zwar noch „brav“ ist, aber eben nichts abnimmt, dann baut das unnötigen Druck und Frust auf. Deswegen: von mir gibt es kein Lob für verlorene Kilos, aber VIEL Lob für neue, gute Gewohnheiten.

  4. Theresa Schönleitner

    Vielen Dank liebe Sasha für den tollen Artikel! Es ist gut und ganz wichtig, dass wir manchmal einen Schubs von dir bekommen und über scheinbar ganz „normale“ Dinge auch mal anders denken 😉

  5. Martin Männlich Weinlich

    Vollkommen richtig! Vor einem Jahr habe ich 8kg abgenommen, mit mehr Sport und Kalorien zählen. Im Winter über fast nichts zugenommen, wollte ich heuer noch etwas abnehmen. 2 kg und seitdem steht mein Gewicht ???? Der Körper macht eben was er will ???? Lg Martin

  6. Liebe Sasha!
    Danke! Aus dem Herzen gesprochen, im Herzen angekommen. Sprache schafft Wirklichkeit.
    Du hast genau den Punkt getroffen, warum ich mich unwohl fühle, jemanden zum Abnehmen zu gratulieren oder auch selbst Gratulationen zu erhalten. Ich fühle mich da immer zu unvollkommen, wenn jemand zu mir sagt: „Hast du abgenommen?“
    Die Faustformel ist für mich ein guter Weg mit guten Impulsen mich wohlschmeckend und dabei ausgewogen und gesund zu ernähren. Noch nicht 100%ig – aber ich bin auf dem Weg und ich bin viel toleranter und geduldiger mit mir geworden. UND ich merke, wie ich verkatert bin, wenn ich mal einen Tag völlig danebenhau mit der Ernährung…
    Die Kilo sind noch nicht dort, wo ich sie mir wünsche. Aber die Figur ist ausgewogener geworden, die Ringe unter den Augen weniger, die Haut besser – wie gesagt, ich bin am Weg …
    Vielen Dank für deine Inspiration und deine Energie, die du aufbringst, wenn dich etwas ärgert.

    1. Super Artikel. Zuviel Lob für abgenommene Kilos hat meine Schwester in die Bulimie getrieben. Aus Verzweiflung. Weil abnehmtechnisch nix mehr weiter ging. Und das Lob so gut tat. Der Schuss ging nach hinten los. Sie dachte, sie könnte es kontrollieren. Nie wieder Lob für verlorene Kilos.

      1. Hallo Andrea,
        Danke für den Fokus auf dieses Thema. Aus der Perspektive der Essstörungen habe ich das „Loben-für-Gewichtsverlust“ noch gar nicht betrachtet. Ich hoffe deiner Schwester geht es wieder gut und ich werde mein Lob zukünftig sorgfältig(er) formulieren.

        Genau Sasha, alte Gewohnheiten aufzubrechen und zu verändern, das gehört anerkannt, bin ganz bei dir. Danke für die klare Ansage. Immer wieder eine Freude, deine Artikel (und die comments) zu lesen.

  7. Tanja Pötscher

    Anfangs war ich etwas irritiert beim Titel. Ich mein, das Grundwesen des Menschen ist essen soviel als irgendwie möglich, bewegen so wenig als irgendwie möglich und dabei den ganzen lieben langen Tag quatschen und lachen – fertig 🙂 ALLES andere IST Leistung.
    Aber jetzt weiß ich natürlich, was Du meinst. Die Postings im FB hätten mich nun ehrlich gesagt nicht so aufgeregt, weil ja klar ist, was die Leute damit meinen… Aaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaber ein Mörderproblem macht eben genau das bei der Zielformulierung.
    Wenn man sich anstrengt, möchte man ganz gerne seine Ziele auch erreichen, zumindest zu 80%. Dafür muß man sich aber auch Ziele setzen, die man selbst beeinflussen kann. Als mein einziges Ziel ein MINUS auf der Waage war (RESULTATE), bin ich jahrelang gescheitert. Als ich anfing, meine Leistung im WEG zu sehen – jetzt mach ich sportlich mal dies und als Pause gibt es das; jetzt mach ich essensmäßig mal dies und als Pause gibt es dann das usw.- KONNTE ich plötzlich nicht mehr scheitern, erreichte alleine meine Ziele, und es sind seitdem 10 kg (trotz Muskelaufbau) – ein neuer Körper!…
    Ja, Abnehmen ist keine Leistung. Das Bemühen um Gesundheit und Fitness ist die Leistung!

  8. Gabriele Drossos

    Vielen vielen Dank – ganz toller Ansatz und Artikel
    Dieser Stress muss endlich aufhören – ich möchte endlich liebevoller und achtsamer mit mir und meinem Körper umgehen
    Vielen Dank!!!

  9. Liebe Sasha, danke fuer diesen Artikel, der mir aus der Seele spricht. Ich hasse es eigentlich wenn mir jemand zum abnehmen gratuliert, weil ich mich dann – genau wie du sagst – auf das reduziert fuehle. Da hast du ein paar wunderbare Vorschlaege fuer Zukunftskomplimente gemacht, die ich mir sicher merken werde. Vielen Dank dafuer. LG Monika

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